11.11.22

Sortenzüchtungsprojekt „Landschaftsprägende Birnensorten"
Die diesjährige Fachreise des Vereins zur Erhaltung und Förderung alter Obstsorten führte an das Bayrische Obstzentrum nach Hallbergmoos bei München. Dort widmet sich Dr. Michael Neumüller voll und ganz der Züchtung neuer Obstsorten. Während seiner Doktorarbeit in Hohenheim lernte er Walter Hartmann schätzen. Walter Hartmann, damals nicht nur Züchter neuer Zwetschgensorten, sondern auch Sammler und Bewahrer alter Sorten, hat ihn viele der Feinheiten und praktischen Kniffe der Züchtungsarbeit gelehrt. Neumüllers Weg führte ihn wieder zurück nach Bayern und an die Universität in Weihenstephan. Acht Jahre später verließ er die Wissenschaft und machte sich selbstständig. Mit viel Mut und Unternehmergeist wagte er den Schritt, ohne staatliche Förderung Obstsorten zu züchten und zu vermarkten. Ihm war von Anfang an wichtig, neben der Züchtung und Sortenprüfung auch die gesamte weitere Kette zu gestalten, also auch die Lagerung und Vermarktung der Früchte. Auf seinem Hof kann er daher seine Züchtungen sehr umfassend bewerten und sowohl für den Hobby-, als auch für den Erwerbsbereich entsprechende Bäume anbieten.
Bereits vor acht Jahren begann die Idee einer Züchtung
mit der Champagnerbratbirne Gestalt anzunehmen. In
Hallbergmoos wurde ein Quartier mit Mutterbäumen angelegt,
die ebenfalls zur Kreuzung herangezogen werden
können, um so neben dem Hauptstandort der Kreuzung in
Schlat auch in Jahren von spätem Winterfrost an anderer
Stelle hoffentlich erfolgreich bestäuben zu können.
Vor nunmehr drei Jahren haben wir die ersten Birnen aus
den ersten Kreuzungen nach Hallbermoos gebracht. Michael
Neumüller und sein Team entnehmen den Früchten
die Kerne, die im nächsten Frühjahr in Substrat angesät
werden. Sobald die kleinen Sämlinge sprießen, werden sie
in individuelle Töpfe gesetzt und mit einer Züchtungsnummer
versehen. Das erste und mitunter auch das zweite Jahr
verbringen die zarten Pfl änzchen im Schutz des Gewächshauses,
damit sie sich, ausreichend mit Wasser versorgt,
AUS AKTUELLEM ANLASS
PROSECCO / PRISECCO
2003 hoffte ich, dass alkoholfreie Getränke, die in ihrer Komplexität und ihrem
Geschmack mit Wein konkurrieren können, eine Erfolgsgeschichte werden würden.
Die Devise damals war: „Lieber Orangensaft trinken als alkoholfreien Sekt,
der nicht schmeckt.“ Ich begann deshalb ganz neu, über das Thema nachzudenken.
Alte Apfelsorten bringen Säure und alte Mostbirnen Gerbstoffe. Für mich
war klar, dass sich auf diesen beiden Säulen ein gutes Produkt würde aufbauen
lassen. Meine erste berufl iche Karriere als Koch hat mich Freiheit im Denken gelehrt
und kreative Köche gehören mitunter zu den drei Prozent der Menschen,
die man besser gewähren lässt.
So entstand über einen von Erfolgen, aber auch zahlreichen Rückschlägen geprägten
Weg ein völlig neues, einzigartiges Produkt. Der Begriff „PriSecco“ –
Prickelt wie Secco, ganz ohne Alkohol – wurde unsere Bezeichnung für diese
Alkoholfreien. Im Jahr 2008 wurde „PriSecco“ offi ziell als deutsche Marke eingetragen.
In Italien wurde „Prosecco“ von der Gattungsbezeichnung her geschickt
durch die Antragsteller des eigens gegründeten Konsortiums zur geschützten
Herkunftsbezeichnung erhoben und durch die Eintragung als geschützte
Ursprungsbezeichnung (g. U.) im Jahr 2009 EU-weit manifestiert. Auf der
Grundlage der deutschen Marke „PriSecco“ wurden Eintragungen auch in
außereuropäischen Märkten erreicht – so in China, den USA und Singapur.
Über viele Jahre gab es eine friedliche
Koexistenz der beiden zwar ähnlich klingenden
Marken, die aber jeweils in einem
ganz anderen Warenbereich beheimatet
sind. Über 15 Jahre waren die Verbraucher
in der Lage, zwischen „Prosecco“,
einem Produkt mit Alkohol und „PriSecco“
ohne Alkohol zu unterscheiden.
Im Sinne des freien Warenverkehrs wäre unter heutiger Betrachtung die alte
deutsche Marke ausreichend gewesen, um „PriSecco“ auch in anderen EU Mitgliedsländern
gegen die Interessen des Prosecco zu verkaufen. Vor über fünf
Jahren hatten wir nun doch die Idee, aus Imagegründen „PriSecco“ zusätzlich
auch als europäische Marke eintragen zu lassen. Lange Zeit gab es keinen
Widerspruch. Kurz vor der Verwirkungsfrist kam jedoch ein Löschungsantrag
seitens des „Consortios Prosecco“ als legitimer Vertreter der Interessen des Verbraucherschutzes.
Zuerst wurde versucht, uns in einem Verfahren in Mailand
den Vertrieb von PriSecco zu untersagen und via einer Unterlassungsklage gegebenenfalls
auch empfi ndliche Summen einzutreiben. Auf diese Drohung eines
sehr mächtigen Gegners haben wir kurzfristig reagiert und vorsorglich alle Etiketten
umgehend geändert, Ware durch neu etikettierte Ware ausgetauscht
und Werbemittel aufwendig angepasst. Der „PriSecco“ ist innerhalb kürzester
Zeit vom europäischen Markt als Marke in der Abbildung verschwunden.
Die zwei Instanzen vor den Gerichten in Mailand konnten wir jeweils für uns gewinnen
– die nicht unerheblichen Kosten des Verfahrens musste die Gegenseite
in vollem Umfang tragen. Geblieben ist der Löschungsantrag vor der Nichtigkeitsabteilung
des europäischen Patent- und Markenamts gegen die europäische
jüngere Marke „PriSecco“, dem nach heutigem Stand auch stattgegeben wird.
Mit etwas Distanz fragen wir uns bei der Manufaktur, warum nach 15 Jahren
der friedlichen Koexistenz auf einmal eine Marke angegriffen wird, die gar nicht
in derselben Warenklasse beheimatet ist, denn die g. U. (geschützte Ursprungsbezeichnung)
für Prosecco basiert in der eigenen Defi nition bis heute immer auf
einem alkoholischen Produkt. Hat man vielleicht auch in Italien bereits erkannt
wohin die Reise gehen könnte? Soll das europäische Patent- und Markenamt
ein willfähriger Handlanger werden, um Platz zu machen für eine Änderung der
eigenen g. U. und der Ausweitung auf alkoholfreie Proseccos?
Wie dem auch sei – nach nunmehr zwei Jahren ohne Markennennung auf dem
Etikett sprechen die meisten Genießer noch immer von „PriSecco“, wenn sie
herausragende, alkoholfreie, prickelnde Produkte aus der Manufaktur Jörg
Geiger meinen – nicht nur in Europa,
sondern auch im außereuropäischen
Ausland.
Und letztlich erkennt man die
Wappenfl asche der Manufaktur
Jörg Geiger im Regal bereits aus
erheblicher Distanz. Selbst ein
unbedarfter Verbraucher (der
bon père) würde sie nicht mit
einer Proseccofl asche verwechseln. Die EU-Beamten machen es sich
doch etwas einfach, wenn sie von gleichen Flaschen ausgehen.
Wenn Italien die Innovation im Prosecco haben möchte – wir stellen
die Marke gegen Zahlung für einen gemeinnützigen Zweck zur Verfügung.
Sich mit lästigen und letztendlich langweiligen Rechtstreits
zu beschäftigen, kostet Kraft und Energie, die wir lieber in die Kreation
weiterer, spannender Geschmackserlebnisse investieren, damit
unsere Produkte auch in Zukunft einzigartig sind.
JG
zu kleinen Bäumchen entwickeln
können. Sobald sie kräftig genug
sind, steht wieder ein Ortswechsel
an, diesmal ins Freiland, denn für die
jungen Bäume gilt es jetzt, sich in der
Natur zu bewähren. Dazu erfolgt die
Anpfl anzung in Schlat. Die Stiftung
zur Erhaltung alter Obstsorten und
bäuerlicher Landwirtschat hat hierfür
eigens ein Flurstück erworben.
Im Frühjahr 2023 wird aufgepfl anzt.
Dann dauert es mindesten sieben
Jahre, bis die Bäume erste Früchte ansetzen.
In jährlichen Bonituren werden
die Bäume weiter ausgelesen. In
den ersten Jahren stehen die Wuchsmerkmale
im Vordergrund: Oberstes
Ziel ist es, eine Sorte zu fi nden, die
ohne Pestizide mit den sich ändernden
Umweltbedingungen klarkommt.
Am Ende muss die Sorte im verarbeiteten
Produkt aber auch sensorisch überzeugen. Um
das zu testen, benötigen wir genügend Früchte und die
werden uns die die Bäume erst nach zwölf bis 15 Standjahren
liefern. Dann erst folgt die typische Verarbeitung
und Vergärung sowie der weitere Ausbau der Weine bis zur
Verkostung und Bewertung. Insgesamt rechnen wir heute
mit einer Dauer von rund zwanzig Jahren. Um das alles zu
bewerkstelligen, wurde zwischen dem Kompetenzzentrum
Obstbau Bodensee und dem Verein und der Stiftung zur
Erhaltung und Förderung alter Obstsorten eine Kooperationsvereinbarung
getroffen. Wieder ein kleiner Schritt in
die richtige Richtung, denn nur wenn wir heute beginnen,
haben wir die Chance, in zwanzig Jahren hoffentlich eine
oder mehrere neue, resiliente und geschmacklich herausragende
Sorten zu haben. Weitere Informationen unter: